»Die Atmosphäre ist ein globales Gemeinschaftsgut der Menschheit« heißt es in der päpstlichen Umweltenzyklika Laudato si’. Diese Aussage enthält gewaltige politische Sprengkraft. Denn die rechtliche Anerkennung der Atmosphäre und des Klimas als globales Gemeinschaftsgut hat potentiell völkerrechtliche Konsequenzen: Im Falle seiner Gefährdung könnte daraus eine Schutzverpflichtung abgeleitet werden. Einige Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention befürchten offenbar genau dies. Zwar haben sich die Regierungen im Dezember 2018 in Kattowitz auf Regeln verständigt, wie sie das Abkommen von Paris umsetzen wollen. Dennoch sind die Staaten immer noch weit davon entfernt, die Klimaziele von Paris zu erreichen. Der Papst hingegen hat mit Laudato si’ den Mut bewiesen, den Status der Atmosphäre als globales Gemeinschaftsgut in das kollektive Bewusstsein der Menschheit zu heben und diese zu einer ambitionierten Klimapolitik zu verpflichten. Seine Enzyklika hat auch vier Jahre nach ihrer Veröffentlichung immer noch ungebrochene Aktualität. In Kattowitz wurde diese Aktualität eindrucksvoll durch eine Veranstaltung zu Laudato si’ unterstrichen, gemeinsam organisiert von der Päpstlichen Akademie, der Polnischen Akademie der Wissenschaften und dem französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung.
Aus dem jüngsten Bericht des Weltklimarates lässt sich ableiten, dass die Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze den verbleibenden weltweiten CO2-Ausstoß auf etwa 1200 Gigatonnen (Gt) beschränkt. Bei dem derzeitigen Emissionsniveau von etwa 40 Gt jährlich bleiben also noch höchstens 30 Jahre – dann ist das Budget aufgebraucht. Knapp werden die fossilen Brennstoffe bis dahin nicht, im Boden sind noch Vorkommen von geschätzt 15.000 Gt CO2 gebunden. Der Großteil davon darf also nicht mehr verbrannt und das entstehende Kohlendioxid in der Atmosphäre abgelagert werden. Gegenüber einem »Weiter-so«-Szenario ohne globale Klimapolitik müssen zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels weltweit mindestens etwa 70 % der Kohle, 30 % des Erdgases und 30 % des Öls im Boden bleiben. Wenn aber ein Großteil der fossilen Ressourcen nicht mehr gefördert wird, sondern unangetastet weiterhin in seinen natürlichen Lagerstätten liegen soll, werden in der Konsequenz die Vermögen ihrer Besitzer entwertet. Damit greift Klimapolitik in nationalstaatliche und private Eigentumsrechte ein.
[...]