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AUFTAKT
Joachim Frank
Aufhören, »Kirchisch« zu sprechen – (wie) geht das?
Dass Kirche, Verkündigung und religiöse Bildung an ihrer schwierigen, abgehobenen Sprache verrecken könnten, war in der letzten Zeit häufig zu hören. Gibt es ein Heilmittel gegen diese Sprachkrankheit? Und was ist von Menschen in Verkündigungssituationen gefordert?
Aufhören, »Kirchisch« zu sprechen – (wie) geht das?
© www.evangelium-in-leichter-sprache.de
Wenn Sachbücher zu religiösen oder kirchlichen Fragen es in die vorderen Ränge der »Spiegel«-Bestsellerliste schaffen, gibt es dafür neben besonderem Interesse am Sujet zwei Gründe: die Prominenz des Autors (Papst Benedikt, Margot Käßmann, Anselm Grün) oder aber – seine Problemanzeige. So attackiert der Kölner Kommunikations- und PR-Berater Erik Flügge die Sprache der Kirche als »Jargon der Betroffenheit« und beschreibt, wie sie daran »verreckt«. Mag sein, dass die derbe Wortwahl im Titel eine eigene Aufmerksamkeit für Flügges Buch erzeugt. Aber wenn dann jemand bereit ist, dafür Geld auf den Tisch zu legen, muss er doch wohl eine Vorahnung, ein Vor-Urteil haben, worum es dem Autor mit seiner Geschichte des Leidens auf 160 Seiten gehen könnte. Und der potenzielle Käufer muss die Sprache der Kirche dann auch selber als so leidvoll empfunden haben, dass er sich von Flügge nicht nur die gemeinsame Diagnose und die gemeinsame Klage über das »Kirchisch« als ekklesiale Sprachstörung erwartet, sondern auch einen Therapievorschlag.

»Kirchisch« sprechen

Was es auf sich hat mit dem »Kirchisch«, das weiß jeder Radiohörer, der die Morgenandacht im Frühprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender erkennt, noch bevor der Sprecher seinen ersten Satz vollendet hat. Der Komiker Otto Waalkes hat die Charakteristika des Kirchischen schon vor 40 Jahren in seinem legendären Sketch »Wort zum Montag« aufgespießt, einer Verballhornung des allwöchentlichen »Worts zum Sonntag«, eines Klassikers im Samstagabend-Programm der ARD, unnachahmlich: »Wir alle haben unsere Sorgen und Nöte und lassen uns nicht mit billigem Trost über die Last des Alltags hinwegtäuschen«, so beginnt die Ansprache des »Fernsehpfarrers« Otto. »Aber als ich neulich in meiner Musikbox blätterte, da stieß ich auf folgende kleine Zeile: ›Theo, wir fahr’n nach Lodz‹. Nun, was wollen uns diese Worte sagen?«

In nur zwei, drei Sätzen tun sich hier die Abgründe der kirchlichen Kommunikation auf: das vereinnahmende »Wir«, die gestanzten Formeln (»billiger Trost«, »Last des Alltags«), die nur scheinbar geteilten Erfahrungswelten (wer in den 1970er-Jahren tatsächlich eine Jukebox daheim stehen gehabt hätte, der hätte sicher nicht darin »geblättert«) samt ihrer platten, billigen, umstandslosen pastoralen Ausbeutung (»Was wollen uns diese Worte sagen?«).
[...]


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